09.02.2019

Anpassung der Betreuervergütung: Stellungnahmen liegen vor

Die Verbändebefragung zum Referentenenwurf „Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung“ ist abgeschlossen, die Stellungnahmen unterschiedlichster Verbände und Arbeitsgemeinschaften liegen dem BMJV nun vor. Wir haben die wichtigsten Aussagen herausgefiltert und zitieren diese inklusive Link auf die Stellungnahme (via BMJV):

BdB: Berufsverband der Berufsbetreuer e.V.:
Der BdB bewertet den Gesetzentwurf grundsätzlich positiv. Es sind allerdings mehrere kritische Elemente erkennbar. Die Umsetzung der vorgesehenen Regelungen wird die wirtschaftlich prekäre Situation der Berufsbetreuer kurzfristig lindern. (…) Festzustellen ist aber, dass die geplante Erhöhung der Betreuervergütung bei weitem nicht den aus der ISG-Qualitätsstudie ableitbaren Erfordernissen, insbesondere nicht der auf guter Datenbasis erhobenen Diskrepanz zwischen abrechenbarer und tatsächlich geleisteter Zeit von 24 %, gerecht wird. Auch dürfte die im Entwurf angesetzte Erhöhung von durchschnittlich 17 % bei vielen Berufsbetreuern – zumindest zeitnah – nicht erreicht werden. Wir wissen aus zahlreiche Zuschriften von Mitgliedern, die bezogen auf die aktuell von ihnen geführten Betreuungen lediglich eine Erhöhung um die 11 bis 12 % erwarten können.“

BUKO: Bundeskonferenz der Betreuungsvereine:
„Zu begrüßen ist der erkennbare politische Wille des BMJV, die Refinanzierung der Betreuungsvereine als wichtige Akteure im Betreuungswesen zu sichern. Andererseits ist in diesem Entwurf auch der alles dominierende Sparwille derBundesländer zu erkennen, dem sich die Finanzierung der Rahmenbedingungen zur Sicherung einer hohen Qualität der Rechtlichen Betreuung offensichtlich unterzuordnen hat. (…) Diese unvollständige Betrachtung berücksichtigt noch nicht einmal die zu knapp bemessene durchschnittlich aufzuwendende Zeit für die verschiedenen Betreuungsfallgruppen. (…) Leider wird es die in Aussicht gestellte Zuwendungserhöhung von bis zu 17% in den meisten Betreuungsvereinen in der Summe aller Betreuungen nichtgeben: Realistisch ist mit 11 bis 13 % zu rechen.“

BGT: Betreuungsgerichtstag e.V.:
„Der BGT e.V. begrüßt den Gesetzesentwurf. Die Erhöhung der Betreuervergütung ist über- fällig und sollte schnellst möglichst umgesetzt werden. (…) Der Stundensatz ist seit 2005 nicht erhöht worden. Hier versteht sich der Bedarf einer Erhöhung eigentlich von selbst. Nun aus dem Stundenansatz und dem Stundensatz eine einheitliche Pauschale zu bilden, lässt schneller erkennen, was eine Betreuung tatsächlich „kostet“. Die Beibehaltung der bisherigen Kriterien erscheint (…) sachgerecht und hat sich bewährt. Allerdings sollte in späteren Gesetzgebungsverfahren nochmals geprüft werden, ob die unterdurchschnittliche Anhebung der Pauschalen der über zweijährigen Betreuungsverfahren zu Verwerfungen führt, wenn es wegen der Schwere von Erkrankungen betroffener Menschen sich um besonders aufwändige Unterstützungsprozesse handelt.“

BVfB: Bundesverband freier Berufsbetreuer e.V.:
„Der Bundesverband freier Berufsbetreuer begrüßt grundsätzlich den Referentenentwurf (…) Zentral für den Gesamterfolg des neuen Vergütungskonzeptes wird die Evaluierung des Gesetzes fünf Jahre nach seinem Inkrafttreten sein. Nachdem sich der BVfB mit seiner Forderung nach einer sofortigen Dynamisierung der Vergütung nicht durchsetzen konnte, wird diese Problematik spätestens im Zuge des Evaluierungsverfahrens anzugehen sein, damit eine wenigstens noch zeitnahe Anpassung der Vergütung sichergestellt werden kann. Es wäre nicht hinnehmbar, wenn Berufsbetreuer erneut fast zwei Jahrzehnte auf eine Anpassung der Vergütung warten müssten. (…) Der BVfB hält es grundsätzlich für richtig, dass sich die Höhe der Vergütung auch nach der Wohnform richtet (…). Allerdings sind die Auswirkungen des Bundesteilhabegesetzes auf die Vergütung derzeit noch nicht vollständig absehbar.“

Deutscher Städtetag:
„Grundsätzlich wird die geplante Vergütungserhöhung befürwortet. Die Anpassung liegt jedoch noch deutlich unter der Handlungsempfehlung des Forschungsberichtes. Eine Verbesserung der Finanzierung der Betreuertätigkeit ist aus kommunaler Sicht auch deshalb notwendig, weil es immer schwerer wird, genügend Betreuer für die Versorgung vor Ort zu finden. Die Richtung des Gesetzes hilft, örtliche Strukturen zu sichern. Entsprechende neue Regelungen sind dringlich und sollten jetzt schnell erfolgen.“

BVEB: Berufsverband der Verfahrensbeistände, Ergänzungspfleger und Berufsvormünder für Kinder und Jugendliche e.V.:
„Die hier vorgeschlagene Erhöhung der Stundensätze um durchschnittlich 17% erscheint daher dringend geboten. Wir fordern den Gesetzgeber (…) auf, eine Einmalzahlung (…) als Ausgleich zu prüfen! (…) Wir fordern den Gesetzgeber auf, schon jetzt entsprechende regelmäßige Anpassungsvorschläge zu machen (…)“

CBP: Bundesverband Caritas Behindertenhilfe und Psychiatrie e. V.:
Der CBP bewertet ausdrücklich die geplante Vergütungserhöhung der beruflichen Betreuer nach 13 Jahren positiv. Der CBP sieht jedoch kritisch, dass sich der zeitliche Mehraufwand für die Betreuung von Menschen mit Behinderung/ psychischer Betreuung in keiner Weise in der Vergütung wiederspiegelt. (…) Zudem bildet das geplante Fallpauschalsystem (sic!) nach §§ 4, 5 des Referentenentwurfs den Betreuungsaufwand von Menschen mit geistiger oder seelischen Behinderung und Menschen mit schwersten und mehrfachen Behinderungen nur unzureichend ab.“

BAG Selbsthilfe: Bundesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe von Menschen mit Behinderung, chronischer Erkrankung und ihren Angehörigen e.V.:
„Als Dachverband von 117 Bundesverbänden der Selbsthilfe chronisch kranker und behinderter Menschen sowie von 13 Landesarbeitsgemeinschaften begrüßt die BAG Selbsthilfe den vorliegenden Referentenentwurf von seinem Grundsatz her. (…) Allerdings erscheint die geplante Erhöhung der allgemeinen Vergütung der beruflichen Betreuer und des Stundensatzes für Berufsvormünder von jeweils durchschnittlich 17 % unzureichend angesichts der gestiegenen Verbraucherpreise, aber gerade auch vor dem Hintergrund der in den letzten Jahren stark erhöhten Anforderungen bei der Betreuung und der entsprechenden Verantwortung eines Betreuers.“

BeB: Bundesverband evangelische Behindertenhilfe e.V.:
„Der BeB begrüßt das Vorhaben, die nach mehr als 13 Jahren längst überfällige und dringend notwendige Erhöhung der Vergütung vorzunehmen. Allerdings bleiben die Regelungen hinter dem zurück, was aus Sicht des BeB für den Personenkreis der Menschen mit geistiger Behinderung und/oder psychischer Erkrankung notwendig wäre, um diesem Personenkreis gerecht zu werden und die von dem Gesetz angestrebte dauerhaft qualitativ hochwertige Betreuung sicherzustellen.“

Bundesarbeitsgemeinschaft Psychiatrie-Erfahrener e.V.:
„(…) Eine gleichmäßige Erhöhung um die im geplanten Gesetz vorgeschlagenen Sätze könnte unter diesen Umständen gerechtfertigt sein. Insbesondere würde das ständige Drängen der Berufsbetreuer nach Qualifizierung und Lizenzierung (z.B. „Betreuerkammer“) vereitelt, um auf diesem Umweg eine höhere Bezahlung rechtfertigen zu können.“

Wie geht es jetzt weiter?

Am 27. Februar 2019 soll der Gesetzenwurf – ggf. fließen hier schon Änderungsvorschläge aus den Stellungnahmen ein – im Bundeskabinett behandelt werden. Damit beginnt das eigentliche Gesetzgebungsverfahren, das folgende Stationen durchlaufen muss:

  • Erstes Einbringen in den Bundesrat
  • Erste Lesung im Bundestag
  • Beratung in den Ausschüssen (vor allem Rechtsausschuss)
  • Zweite und dritte Lesung im Bundestag
  • Zweite Befassung durch den Bundesrat
  • Verkündung im Bundesgesetzblatt
  • Inkrafttreten: 1. Tag des ersten auf die Verkündung folgenen Kalendermonat

Geplant ist, dass das Gesetz noch vor der parlamentaritschen Sommerpause verabschiedet ist – die letzte Bundesratssitzung findet am 28. Juni 2019 statt.

Abbildung: pixabay.com – geralt